Stopp! Viren müssen draußen bleiben!

Zellkernporen sind die Türsteher des Zellkerns. Sie bewachen unser darin gespeichertes Erbgut. Das klingt erst einmal recht einfach. Aber wenn du genauer hinschaust, offenbart sich ein hochkomplexes Protein-Puzzle aus etwa 1000 einzelnen Teilen, die nur im Zusammenspiel ihre Funktion entfalten.

Visualisierung von Kernporenkomplexen in der Kernhülle mittels cryo-Elektronenmikroskopie. Der Durchmesser der Kernporen beträgt nur wenige Zehntausendstel Millimeter.

© Patrick Hoffmann/Max-Planck-Institut für Biophysik

Visualisierung von Kernporenkomplexen in der Kernhülle mittels cryo-Elektronenmikroskopie. Der Durchmesser der Kernporen beträgt nur wenige Zehntausendstel Millimeter.

© Patrick Hoffmann/Max-Planck-Institut für Biophysik

Lange waren nur zwei Drittel dieses Puzzles der Kernpore gelöst – bis Forschende mehrere Methoden kombinierten und so 90 % der gesamten Struktur des Proteinkomplexes decodieren konnten. Agnieszka Obarska-Kosińska, Martin Beck und ihre Mitforschenden schauten sich die Poren über cryo-Elektronenmikroskopie in ihrer direkten Zellumgebung an und kombinierten ihre Ergebnisse mit Computersimulationen. Dafür nutzten sie Alphafold2, ein Programm, das mithilfe von künstlicher Intelligenz Proteinstrukturen vorhersagen kann. So konnten sie nicht nur das Proteinpuzzle fast vollständig lösen, sondern auch simulieren, wie die einzelnen Teile zusammen funktionieren und so das Erbgut beschützen. Ein großer Durchbruch!

(Publikation: Mosalangati et al., AI-based structure prediction empowers integrative structural analysis of human nuclear pores, Science 2022).

Fast vollständige Zusammensetzung des Kernporen-Puzzles: Modell einer Zellkernpore des Menschen, das unsere Forscher und Forscherinnen mit Hilfe von cryo-Elektronenmikroskopieaufnahmen und der Künstlichen Intelligenz AlphaFold erstellt haben. In Abhängigkeit der Spannung der Kernmembran öffnet und schließt sich die Pore und kontrolliert unter anderem dadurch, welche Moleküle passieren dürfen. — Fast vollständige Zusammensetzung des Kernporen-Puzzles: Modell einer Zellkernpore des Menschen, das unsere Forscher und Forscherinnen mit Hilfe von cryo-Elektronenmikroskopieaufnahmen und der Künstlichen Intelligenz *AlphaFold* erstellt haben. In Abhängigkeit der Spannung der Kernmembran öffnet und schließt sich die Pore und kontrolliert unter anderem dadurch, welche Moleküle passieren dürfen.

© Agnieszka Obarska-Kosińska/Max-Planck-Institut für Biophysik

Fast vollständige Zusammensetzung des Kernporen-Puzzles: Modell einer Zellkernpore des Menschen, das unsere Forscher und Forscherinnen mit Hilfe von cryo-Elektronenmikroskopieaufnahmen und der Künstlichen Intelligenz *AlphaFold* erstellt haben. In Abhängigkeit der Spannung der Kernmembran öffnet und schließt sich die Pore und kontrolliert unter anderem dadurch, welche Moleküle passieren dürfen.

© Agnieszka Obarska-Kosińska/Max-Planck-Institut für Biophysik

Wie das HI-Virus es schafft, die Kernpore zu überwinden

Das HIV dringt in den Zellkern ein und integriert Teile seiner DNA in die DNA des Menschen. So sorgt es dafür, dass in den infizierten Zellen weitere Viren produziert werden. Dadurch erschwert das Virus dem Körper die Heilung sehr stark. Aber wie schafft es das HI-Virus überhaupt in den Zellkern? Denn normalerweise ist die Kernpore für so große Viren wie HIV undurchlässig.

© Jan Philipp Kreysing

© Jan Philipp Kreysing

Das HI-Virus hat sich durch Evolution so entwickelt, dass es diese Barriere überwinden kann. Die neuste Entdeckung von Martin Beck und seinem Team ist, dass das Virus die Struktur der Kernpore durchbricht, um in den Kern einzudringen. Ob dies noch weitere Auswirkungen auf die Zelle hat und welche das sind, wird das Team noch erforschen (Preprint: https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2024.04.23.590733v1).